Veranstaltung: | 1. Ordentlicher Landesdelegiertenrat 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 30, Nein: 0, Enthaltungen: 1 |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenrat |
Beschlossen am: | 19.03.2022 |
Eingereicht: | 19.04.2022, 10:53 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Ackerland in Bäuer*innenhand – der regional verankerten Landwirtschaft den Zugang zum Boden ermöglichen
Beschlusstext
Ohne Grund und Boden ist Landwirtschaft nicht möglich. Die landwirtschaftlichen
Flächen sind ihre Produktionsbasis. Der Boden gehört in die Hände und das
Bestimmungsrecht derjenigen, die ihn nachhaltig zur Sicherung der Ernährung
bewirtschaften und die an seinem Ort regional verankert sind sowie einen
persönlichen Bezug zu den Flächen haben. Eine maximale Gewinnorientierung darf
nicht prioritär sein, denn Boden ist existenziell für die Gesellschaft und damit
nicht vergleichbar mit anderen Vermögenswerten.
Regional verankerte Bäuer*innen und Landwirt*innen kennen die Bedingungen vor
Ort. So können sie zum Beispiel am besten Maßnahmen ergreifen, um die
Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel zu verbessern. Sie sichern
Wertschöpfung und Arbeitsplätze im ländlichen Raum und sorgen für lebendige und
lebenswerte Dörfer. Deshalb ist es wichtig, dass sie zur Weiterentwicklung von
Betrieben und für Neugründungen Zugang zum Boden bekommen und ihnen dieser nicht
von Großinvestor*innen weggeschnappt wird.
Doch leider ist der Bodenmarkt seit Jahren in der Schieflage. Hohe Kaufpreise
und außerlandwirtschaftliche und überregionale Bodenspekulation setzen der
Landwirtschaft zu.
Um diesen Ausverkauf zu stoppen, marktbeherrschende Stellungen zu verhindern und
der regional-verankerten Landwirtschaft Zugang zu den landwirtschaftlichen
Flächen zu ermöglichen, möge der Landesdelegiertenrat von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sachsen-Anhalt folgende Handlungsschwerpunkte beschließen:
1. Das Bundesfinanzministerium soll in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium
für Ernährung und Landwirtschaft den Verkauf der landwirtschaftlichen
Nutzflächen der Bodenverwertungs- und verwaltungsgesellschaft (BVVG) stoppen. In
Sachsen-Anhalt sind noch rund 20.000 Hektar vorhanden, die für agrarstrukturelle
Ziele verpachtet werden sollen – z.B. an Junglandwirt*innen oder an Betriebe,
die in besonderer Weise zum Natur-, Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Werden
Flächen doch einmal verkauft, so müssen diese wieder in gleichem Umfang
zugekauft werden, damit der Flächenpool nicht weniger wird.
Das System der Grunderwerbsteuer muss grundlegend verändert werden, denn – im
Gegensatz zum Grundstücksverkehr – fällt bei einem Anteilskauf unter 90 Prozent
keine Grunderwerbsteuer an.
2. Auf Landesebene muss dringend eine landesrechtliche Regelung auf den Weg
gebracht werden, um die Anteilskäufe (Share Deals) an Unternehmen mit
landwirtschaftlichen Flächen zu regulieren. Beim mittelbaren Kauf von
landwirtschaftlich genutzten Flächen über Anteilskäufe besteht – anders als beim
Flächenkauf – keine Pflicht zur Beantragung einer Genehmigung oder einer
Zustimmung bei der Grundstücksverkehrsbehörde. Diese Lücke im Bodenverkehrsrecht
muss geschlossen werden. Da eine Regulierung von allen gewollt und damit relativ
unstrittig ist, soll sie im ersten Schritt angegangen werden. Eine entsprechende
Initiative hat die Landtagsfraktion bereits ins Parlament eingebracht und sie
muss nun dranbleiben, dass das Gesetz Transparenz dieser Kaufgeschäfte
gewährleistet und klare Versagungsgründe festlegt.
3. Die im öffentlichen Eigentum befindlichen landwirtschaftlichen Flächen – dazu
zählt auch der kommunale Grund und Boden - sollen gemeinwohlorientiert
verpachtet werden. Dazu sollen die Kommunalpolitiker*innen von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN einen Beschluss herbeiführen, sodass die Verwaltungsmitarbeiter*innen für
die Verpachtung einem Kriterienkatalog anwenden, der ökologische sowie soziale
Kriterien wie z.B. regionale Verwurzelung der Pächter*in, Arbeitskräfte,
durchschnittliche Schlaggröße, Auslauf für Rinder oder Strohhaltung von
Schweinen berücksichtigt. Vorhandene Kriterienkataloge wie der der AbL oder der
der Mitteldeutschen Kirche können zur Erarbeitung herangezogen werden.